„This was more than just a concert.“ stellte ein Besucher fest, kurz nachdem die Band die Bühne verlassen hatte. Und man kann dem nur beipflichten. Dies war viel mehr als die bloße Darbietung der Lieder. Aber die Broken Social Scene sind eben auch mehr als nur eine Band.
Um eine Erklärung für den ersten Satz zu liefern, möchte ich mit dem Höhepunkt des Konzertes beginnen. Dieser war der Song „Meet Me in the Basement“ vom aktuellen Album. Wobei der Titel egal ist, der Song hat keinen Text. Es ist reine Musik, mit sehr viel Energie, selbst in der Studioversion. Bei der Liveversion standen dann acht oder neun Musiker auf der Bühne, ungefähr hundertmal so viele Menschen vor der Bühne und die meisten davon ließen der Energie freien Lauf. Im kollektiven Schrei, mit dem man laut Frontmann Kevin Drew allen Sorgen, Problemen usw. ein Ventil geben sollte. Also schrie man. Mit aller Kraft. Bis die Seele frei war von Ballast und damit frei zur Aufnahme der Musik. Die dann ungehindert einströmen konnte und ihre Kraft entfaltete. Vor der Bühne und auf der Bühne. Erkennbar an die vielen lächelnden Gesichtern. Und spontanen Umarmungen.
Die Spielfreude der Broken Social Scene hatte ich ja bereits einmal erwähnt. Es war eine große Freude zu sehen, mit wie viel Herzblut und Euphorie die einzelnen Musiker bei der Sache waren. Erkennbar auch daran, dass alle zwischen den Lieder mal über die Bühne fuselten und jeder sich ein neues Instrument suchte. Und eben daran, dass jeder mit vollem Einsatz dann sein Instrument bearbeitete. Und auch wenn mal etwas daneben ging, wurde das immer mit einem Lächeln weggewischt.
Bemerkenswert war aber auch der Respekt, den die Band dem Publikum entgegen brachte. Es war klar, dass man hier etwas zusammen zelebrieren wollte. Und nicht sich feiern lassen. Ich glaube in so einer Form habe ich dies noch nie erlebt. Und dieser Respekt, ja diese Liebe, waren absolut authentisch. Das waren nicht nur Worte, die vor allem Kevin Drew ans Publikum richtete. Oder sein Verhalten, als er ein Lied im Publikum sang. Eben nicht um sich feiern zu lassen, sondern um so nah wie nur möglich dran zu sein. Und vorher noch Becher vom Boden einsammelte und zur Bar bringen ließ. Oder wie man lange gemeinsam überlegte, welchen Song man als Abschluss spielen sollte. Und sich dann für „It’s All Gonna Break“ entschied. Und diesen Song dann zusammen mit dem Publikum feierte. Oder wie man eben nicht den mittlerweile üblichen Zugabenapplaus provozierte. Eben das gesamte Verhalten war geprägt von Respekt und Leidenschaft. Was man völlig zurecht auch vom Publikum forderte. Und endlich sprach mit Kevin Drew ein Musiker mal aus, was gesagt werden muss. Dass man Momente mit Augen und Ohren aufnehmen sollte, nicht mit Technik. Denn die Momente, die im Kopf gespeichert sind, sind wichtiger als Bilder und Videos. Und auch der Hinweis, dass man da nicht die einzige Band ist, die so denkt, ist nicht zu verachten. Aber wie soll man Spielfreude, Authentizität, Respekt, Liebe und Leidenschaft auch adäquat festhalten, wenn nicht im Herzen.
Und ich bin mir sicher, dass viele der Besucher all diese Dinge noch lange im Herzen tragen werden. Eben weil dies mehr als nur ein Konzert war.