Freitag
Sehr müde und fertig vom Konzert im Underground am Vortag kam ich gegen Mittag in Haldern an. Nach einer kurzen Wartezeit (ganz anders als in St. Gallen, liebe Annett *g*) hatten wir dann auch unsere Bändchen und das Festival konnte beginnen. Also mit dem Aufbau des Zeltes natürlich, womit denn sonst. Zum Glück gibt es auch sehr liebe Menschen, dank denen ich wusste dass die Sportfreunde gleich im Spiegelzelt auftreten sollte. Also begaben wir uns dort hin, obwohl wir uns noch immer nicht hundertprozentig sicher waren. Aber dann kamen sie wirklich, die
Sportfreunde Stiller
Das Spiegelzelt ist ein ehemaliges Zirkuszelt, in das ca. 200 Menschen rein passen. Ab um 12 Uhr spielten dort zwei Newcomer und danach sollte es vielleicht möglich sein, dass die Sportfreunde kommen. Nach der zweiten Newcomer-Band leerte sich das Zelt dann. Aber es war auch hier und da das Wort „Sportfreunde“ aufzuschnappen. Ich lehnte zu diesem Zeitpunkt noch sehr fertig an einem Balken neben dem Mischpult und hatte eigentlich vor das Konzert von dort aus zu beobachten. Als die drei Sportler dann leibhaftig die Bühne betraten, war das Zelt ungefähr noch zur Hälfte gefüllt. Ich habe von meinem Standplatz aus ein Foto gemacht, aber dann hielt mich nichts mehr da hinten. Also bin ich vor und da keiner im Publikum was dagegen hatte, fand ich mich plötzlich direkt vorm Peter wieder. So nah war ich den Dreien bei noch keinem Konzert, auch nicht bei den kleinen Geheimkonzerten. Ich habe dann noch ein paar weitere Bilder gemacht, also meine ersten Bilder von einem Sportfreunde-Konzert! Das war auch ohne weiteres möglich, weil es wirklich sehr gemütlich da im Publikum war. Es war ja auch noch sehr früh und das Festival sollte erst noch richtig beginnen. Die Stillerbuben gaben dann vor allem Lieder vom Burli zum besten, keine Ahnung warum. Aber es war trotzdem schön. Und als dann zum krönenden Abschluss dieses ganz besonderen Konzerts die „wunderbaren Jahre“ gespielt wurden, war ich wieder fit und munter und das Haldern konnte richtig beginnen.
Nach diesem gelungen Auftakt sollte das Haldern so richtig los gehen, und zwar mit Regen. Als wir dann zum ersten Mal zur großen Bühne gingen, wurde es langsam schlammig. Aber die tollen
The Robocop Kraus
mussten wir unbedingt sehen. Und es sollte sich lohnen. Gleich zu Beginn gab es meine persönlichen Lieblingslieder zu hören, zuerst „a man’s not a bird“ und direkt danach“Danny is passing“. Kann ein Konzert besser beginnen? Ich denke nicht. Der Regen hielt mich auch nicht davon ab mich im Rhythmus der Musik zu bewegen und viel Spaß zu haben. Die Robos zauberte eine tolle Stimmung ins Publikum und nach dem Konzert waren vor der Bühne alle nass vom Regen und auf der Bühne waren alle nass vom Schweiß. So muss das sein! Dann ging es erstmal ab zum T-Shirt-Stand, wo ich ein Robo- und ein Nada Surf-Shirt in meinen Besitz übergehen ließ. Und dies für insgesamt 20 Euro. Sehr fein. Diese zog ich dann auch gleich mal an, weil mir nämlich echt kalt wurde. Das Wetter war wirklich sehr ungemütlich. So bin ich dann mit meinen 3 T-Shirts, Trainingsjacke und Regenjacke bekleidet wieder Richtung Bühne marschiert, wo dann die
Kaiser Chiefs
spielten. Die Kaiser Chiefs sind ein Haufen von verrückten Engländern, die aber ganz lustige Musik machen. Jedenfalls waren das meine Eindrücke. Das Konzert war echt sehr lustig und die Musik auch recht abwechslungsreich. Hat mir ganz gut gefallen. Aber danach sollten sie dann kommen, die Musiker aus New York mit dem tollen Bandnamen:
Nada Surf
Und kaum betraten diese Drei die Bühne, hörte der Regen auf und die Sonne kam heraus! Wunderbar. Ich habe die ersten Songs noch von weiter hinten gehört, wobei ich mich aber immer weiter vor gearbeitet hatte. Aber ich hatte ja noch immer 5 Schichten Bekleidung am Körper, damit wollte ich nicht unbedingt in den Moshpit. Naja, aber nach „inside of love“ und einer kurzen Telefonverbindung hielt mich bei „happy kid“ dann nichts mehr und ich bin ganz nach vorn, da wo die anderen Verrückten waren. Mit denen bin ich dann rumgesprungen, habe die Texte mitgesungen und sehr viel Spaß gehabt. Highlights gab es viele, aber zu „fruit fly“ war es sehr toll und auch die beiden neuen Songs „always love“ und „imaginary friends“ kamen sehr gut an. Für mich war dieser Auftritt der tollste am Haldern. Die Band war super drauf (immerhin hatte der Sänger ja auch Geburtstag), das Publikum bestand aus sehr netten Leuten, man hatte Spaß, es war nicht so eng und es einfach viel Freude bereitet, da vor der Bühne richtig abzugehen. Doch so langsam ging auch dieses Konzert zuende und die Band verließ unter lang anhaltendem Applaus die Bühne. Und der Drummer legte kurzerhand noch die Tanzeinlage des Tages hin, einfach so aus purer Freude.
Und schon setzte auch wieder der Regen ein und ich bin erstmal wieder zurück zum Zelt.
Dann wollte ich mir aber unbedingt
Franz Ferdinand
anschauen, was ich auch tat. Zwar von weiter hinten, aber trotzdem war es ein sehr tolles Erlebnis. Diese Band hat ihren Platz als Headliner an diesem Tag wirklich bestätigt, anders als es dann am Samstag der Fall war. Der Auftritt war ein Ohren- und Augenschmaus. Obwohl die Band ja erst ein Album draußen hat, wurden „golden oldies“ und neue Songs quer gemixt, auf eine wunderbare Weise. Und die Ansagen auf Englisch und fast akzentfreiem Deutsch taten ihr übriges zum Gelingen des Auftritts. Sehr toll fand ich auch die Lichtshow, obwohl sowas ja eigentlich nur zweitrangig ist bei einem Rockkonzert. Aber bei Franz Ferdinand passte einfach alles zusammen und es war ein würdigen Abschluss dieses Tages. Danach fiel ich total fertig in Tiefschlaf und oh Wunder, auf dem Zeltplatz war es im Gegensatz zu anderen Festivals echt ruhig. So konnte man dann in aller Ruhe und Gelassenheit bis tief in den Morgen hinein das Schlafdefizit der letzten Tage aufholen. Wunderbar.
Samstag
Am Samstag hieß es dann erstmal an den Duschen, für die man einen Euro bezahlen musste, was nichts im Vergleich zu den 5 Franken in St. Gallen ist, anstehen. Aber da kamen Leute raus, die erzählten es wäre so kalt, dass man nicht mehr atmen könnte unter der Dusche. Ha, dachte sich da der Herr B., die sind nur nichts gewöhnt, diese Turnbeutelvergesser. Naja, aber dann wurde ich eines besseren belehrt. Das Wasser war wirklich so kalt, dass man es nur sekundenlang darunter aushielt. Unglaublich, sowas hatte ich noch nie erlebt. Und trotzdem habe ich ganze anderthalb Stunden bei den Duschen verbracht, wegen der Warterei bis die Mädchen sich so umgezogen hatten, dass man ja nichts sehen konnte. Das hat dann ungefähr tausendmal länger als der eigentliche Duschvorgang gedauert. Naja, so ist das halt im prüden Westen. *g* Zu der Zeit schien übrigens noch die Sonne und es sah nach schönem Wetter aus, als habe ich freundlicherweise meine Regenjacke meiner Begleiterin überlassen und so sind wir zur Bühne, wo dann
Saint Thomas
spielte. Aber pünktlich zum Beginn des Konzerts setzte der Regen ein, der sich dann in einen ausgewachsenen Wolkenbruch verwandelte. So erlebte ich den größten Teil des Konzerts unter dem Zelt des Süßigkeiten-Standes, umgeben von den verlockendsten Düften. Zum Glück hatte ich aber noch Restbestände an Gummitieren in meiner Hosentasche, so dass ich diesen Verlockungen widerstand. Das Konzert selbst war ganz lustig, auch wenn es nicht unbedingt meine Musikrichtung ist. Nach einer längeren Pause kamen dann
The Coral
auf die Bühne, an die ich mich allerdings kaum erinnern kann. War wohl nicht so toll. Ich meine, ansonsten musste sich da doch irgendwas in meinen Gehirnwindungen finden lassen. Geregnet hat es zu der Zeit wieder und ich habe eine Thunfisch-Pizza gegessen, das weiß ich noch. Jedenfalls hörte es dann auf zu regnen und es folgte der
Moneybrother
mit Sonnenschein im Schlepptau. Und das war wirklich so! Es hörte auf zu regnen, Moneybrother kam auf die Bühne. Und bei „stormy weather“, besser gesagt am Ende des Songs, als nur noch zwei Worte übrig waren, also genau als der Moneybernd „stormy weather“ schreit, da kommt die Sonne raus. Das war so ein toller Moment, unbeschreiblich. Alle haben gegrinst: die Band, das Publikum, die Security… alle. Und der Auftritt war absolute Spitze. Die Band hatte eine Menge Spielfreude mitgebracht und setzte diese dann auch um. Kein Vergleich zu dem Auftritt am St. Gallen, obwohl ich den schon sehr toll fand. Die Songs wurden länger und mit mehr Intensität gespielt. Es wurde getanzt, geklatscht, gehüpft, ausgerastet, und zwar vor und auf der Bühne. Unglaublich welche Energie da aufgebracht wurde. Ein Fest war das. Und als es dann vorbei war, setzte auch der Regen wieder ein. Also ging es wieder zurück ins Zelt, nass, verschwitzt, aber sauglücklich! Leider habe ich dann Phoenix verpasst, aber das Wetter hat mich dazu bewegt, keinen Fuß vor das Zelt zu setzen. Und auch meine Müdigkeit, die mich plötzlich überkam. Aber dann kam doch wieder die Sonne raus und in voller Vorfreude auf so eine Band aus Schweden, die ich sehr mag, bin ich dann wieder ohne Regenjacke ab zur Bühne. Wo aber erstmal Tocotronic gespielt haben. Das war der lahmste Auftritt den ich je gesehen habe, einfach nur lächerlich. Entweder haben die keinen Bock auf live spielen oder ich verstehe diese Leute einfach nicht. Ist mir auch egal, ist ja eh Geschmackssache. Nachdem allerdings Tocotronic das gute Wetter in Grund und Boden gespielt hatten, setzte wieder starker Regen ein. Und so stellten wir uns unter einem Baum unter, weil der Herr B. ja seine Regenjacke im Zelt hatte. Und da standen wir und warteten und warteten. Ich vor allem darauf, dass der Regen endlich aufhören sollte, denn ich hatte noch was vor. Als nächstes standen nämlich
Mando Diao
auf dem Programm und ich wollte unbedingt vorn rein, um zu spüren wie es bei der Musik abgeht. Aber es regnete immer weiter. Die Schweden hatten schon zwei Songs gespielt, da hörte es tatsächlich auf. So kämpfte ich mich dann durch knöcheltiefen Schlamm bis vor in den Moshpit, wo zum Glück Platten ausgelegt waren. Naja, was soll ich sagen. Da vorn war es eng und heiß und es ging richtig ab. Aber trotzdem war der Auftritt der Schweden wenig überzeugend. Also bitte nicht falsch verstehen, ich mag deren Musik wirklich sehr und ich werde die auch weiter hören und mit meinem Mando Diao-Shirt durch die Gegend laufen. Aber live haben sie mich bisher nicht überzeugt. Da werden die Lieder halt runtergespielt, da wird mal das Hemd ausgezogen, aber hallo, das ist eine Rockshow und kein Boygroup-Auftritt. Wieso kommt die Energie der Band nicht ins Publikum und umgedreht? Ich versteh das nicht. Vielleicht fehlt ihnen ja auch einfach die Erfahrung dazu. Oder sie haben zu viel Coolness-Pillen geschluckt. Ich würde mir einfach wünschen, dass sie mehr aufs Publikum eingehen würden. Und vielleicht auch mal eine Zugabe spielen, wenn auch noch Zeit dafür ist und nicht einfach stumm die Bühne verlassen. Aber vielleicht reicht gut aussehen ja heute auch schon aus, um große Konzerte spielen zu können. Aber am Haldern gelten halt andere Maßstäbe.
Danach bin ich übrigens zurück zum Zelt und am nächsten Morgen wachte ich mit schlammverschmierten Beinen auf. Und unter dieser Schlammschicht kamen dann zuhause diverse Kratzer und blaue Flecken zum Vorschein. Nur falls der Vorwurf kommt, ich wäre bei Mando Diao nicht mit vollem Einsatz dabei gewesen, oder so.
Fazit: Also eines ist mir auf diesem Festival wirklich bewusst geworden, ob ein Konzert/Festival wirklich gut wird, dafür sind die Leute vor der Bühne, also das Publikum, verantwortlich. Jedenfalls aus der Sicht des Konzertbesuchers, für die Medien ist das sicher etwas anderes. Wenn man nicht mit den richtigen Leuten dort vor der Bühne ist, dann kann die Band noch so gut sein und sich noch so viel Mühe geben, dann wird das Konzert misslingen. Und in diesem Punkt ist das Haldern für mich echt einmalig gewesen. Das Publikum war vielleicht etwas träger als bei anderen Veranstaltungen, aber es muss ja nicht so ausarten wie z.B. auf dem SORF. Nein, das Haldern-Publikum hat mich echt beeindruckt. Da waren Leute, die wirklich wegen der Musik da waren, die diese genauso lieben wie ich das tue und denen sie genauso viel bedeutet wie mir. Oder vielleicht sogar noch mehr. Mir war es einfach eine Ehre dabei sein zu dürfen und mir hat dieses Wochenende wirklich sehr viel Freude bereitet. Danke dafür an alle Leute, die sich jetzt angesprochen fühlen.